Niemand ist wie ich und niemand wird jemals sein, so wie ich bin.
Wem interessiert das schon?
Ich gestehe, es ist eine Herausforderung, etwas über mich selbst zu schreiben. Da ploppen doch tatsächlich alte Muster auf, von denen ich bis soeben noch glaubte, sie gut bearbeitet und endgültig abgelegt zu haben.
Ich höre die Stimme meiner Mutter, die sagt: „Nimm dich nicht so wichtig!“ Da sind die Worte eines Lehrer, der mir an den Kopf warf: „Was glaubst du, wer du bist? Lerne erst mal! Das Leben ist kein Ponyhof!“ Und auch die Beurteilungen meiner Klassenlehrer, die mir bescheinigten, ich solle mein temperamentvolles Wesen zügeln und bei einem Notenduchschnitt von 1,3 mich noch mehr anstrengen. Später hieß es, ich sei eine ruhige und verträgliche Schülern. Nun ja, ich hatte mich wohl endlich gut angepasst. Der Preis dafür: Schule machte trotz Einser- und Zweierdurchschnitt keinen Spaß mehr. Doch, wen interessiert das schon?
Wen interessiert es, dass ich Jahrgang 1963 bin, dass ich zwei Brüder habe und dass es mich 17-jährig und hochschwanger aus Königstein in der Sächsischen Schweiz der Liebe wegen in die wunderschöne Oberlausitz verschlug. Und wen interessiert es, dass ich im zarten Alter von 10 Jahren behauptete, ich würde mal Schriftstellerin werden und Menschen gesund machen, so wie meine Oma. Nur – meine Oma war keine Ärztin. Sie gab uns Kräuter, wenn wir Kinder krank waren und fand tatsächlich gegen fast jedes Wehwechen das richtige „Grünzeug“. Manchmal legte sie auch einfach nur ihre Hände auf oder drückte irgendwelche Punkte, die auf geheimnisvolle Weise Übelkeit oder Schmerzen verschwinden ließen.
Wer will schon wissen, dass ein tödlicher Unfall mein Leben komplett auf den Kopf gestellt und meine Ansichten über den Sinn des Lebens und das Leben im Hier und Jetzt innerhalb von wenigen Tagen total verändert hat. Wen interessiert es, dass ich gern barfuß im taunassen Gras laufe, Bäume umarme und am liebsten alle Tiere retten würde. Wen interessiert es, dass ich gerne koche und der Rest meiner Freizeitaktivitäten wohl eher Männern zugebilligt wird.
Angepasst und wieder ausgebrochen
Doch Stopp! Und zurück. Zurück zur Oma, die mich inspiriert hat. Zur Großmutter, zu der so viele Menschen kamen, die sich nicht wohl fühlten – körperlich, seelisch. Und denen es wieder besser ging, als sie das Haus verließen. Zurück zur Oma, die um all das ein Geheimnis machte und über die manchmal auch nicht so schön gesprochen wurde. Und vielleicht, ja, vielleicht bin ich doch in ihre Fußstapfen getreten.
Vielleicht brauchte ich die Erfahrungen der vielen Umwege. Ich lernte einen Beruf in der Gastronomie, betreute alte Menschen und arbeitete im 3-Schicht-System in einer Fabrik. Ich bekam ein Kind, heiratete und dann kam die Wende. Mit ihr der Schritt in die Selbständigkeit mit allen Höhen und Tiefen, tiefen Tiefen. Genau zur Jahrtausendwende, im Jahre 2000, erwachte mein Kindheitstraum wieder und wurde so stark, dass ich mich noch einmal auf die „Schulbank“ setzte. Es war nicht nur die Jahrtausendwende, es war auch die Wende in meinem Leben.
Am 26.07.2007 hielt ich sie dann in der Hand: Die Erlaubnisurkunde über die berufliche Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung. Mein Traum war Wirklichkeit geworden - ich war Heilpraktikerin. Und stolz wie Bolle.
Ich hatte Anatomie gepaukt und studiert, wie was im menschlichen Körper funktioniert und zusammenspielt. Ich hatte viel über alle erdenklichen Krankheiten und Veränderungen im Körper gelernt und mich mit den Gesetzen geplagt. Ich wusste, was ich nach diesen gesetzlichen Vorschriften darf und wann ich zum Arzt oder ins Krankenhaus schicken muss, wann vielleicht sogar der Notarzt nötig und was dem Gesundheitsamt zu melden ist.
Doch das, was ich für diese Prüfung gelernt hatte und in den Prüfungen auch beweisen musste, war das fachchinesisch, das du in jeder Arztpraxis zu hören bekommst. Es war nicht das, was ich wollte. Ich wollte mehr als nur Symptome vertreiben. Meine großer Traum war es, dass derjenige, der zu mir kommt, wirklich wirklich wirklich wieder gesund werden würde.
Diesen Wunschtraum habe ich auch heute noch und ich bin ganz fest davon überzeugt, dass dieser Herzenswusch mehr und mehr zur Realität werden kann. Nämlich dann, wenn wir beginnen, uns wieder auf mehr Natürlichkeit in unserer Lebensweise zurückzubesinnen, wieder mehr bei uns selbst ankommen und wieder lernen, die verborgenen Kräfte zu fühlen, die in uns stecken.
Aber wisse:
Ich kann dich nicht heilen.
Doch ich kann dir den Heiler in dir zeigen
und dich auf dem Weg zu ihm begleiten.
Lass' ihn uns gemeinsam wecken!
Sylvia Lietsch mit ihrer schamanischen Trommel